Donnerstag, 9. August 2012

Der Verfassungsfisch und die christliche Ehe


Schweden lieben Stinkefisch. Diese Dose Surströmming macht hinreichend deutlich, worum es geht. Es geht um Mannesmut und Stamina, wenn beim Öffnen der Dose Faulgase entweichen. Hier scheidet sich der echte Schwede vom eingebürgten südmitteleuropäischen Weichei.

Bei Stinkefisch assoziiere ich derzeit anderes. Nämlich den Fisch, der am Kopfe anfängt zu stinken. An die Upper Middleclass, an die Bewohner der fiktiven Stadt Belmont, wie sie Charles Murray in seinem epochemachenden Buch "Coming Apart" beschreibt, an die "Hollow Elite", die Hohle Elite, die über keine Richtung und keine Moral mehr verfügt, sie zumindest nicht mehr vermitteln will. Bei Stinkefisch assoziiere ich derzeit vor allem unseren Bundesverfassungsfisch.

Also sprach der Verfassungsfisch in einer seiner Entscheidungen zur "Vergleichbarkeit" von "bürgerlicher", notabene "traditioneller" in Wahrheit christlicher Ehe mit einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft:
Auch soweit die durch § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auszugleichenden Mehrbedarfe des verheirateten Beamten (bzw. der Beamtin) in seinem (oder ihrem) „typischerweise erhöhten Unterhaltsbedarf“ bestehen, wenn sein (oder ihr) Ehegatte „namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit tatsächlich Unterhalt“ vom Beamten (der Beamtin) erhält (so BVerfGK 13, 501 <506>; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 2 C 10/09 -, juris, Rn. 15; Schmidt; in: Plog/Wiedow, BBG, § 40 BBesG Rn. 28 ; a.A. Classen, FPR 2010, S. 200 <202>), ergibt sich hieraus keine Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft. Insoweit sind keine Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Ehepartnern und Lebenspartnern zu erkennen (vgl. BVerfGE 124, 199 <229>). Zum einen gibt es nicht in jeder Ehe Kinder. Auch ist nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften Kinder großgezogen; auch insoweit sind Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung denkbar und nicht völlig unüblich (vgl. Rupp, Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, 2009, S. 295), in denen der eine der Lebenspartner schwerpunktmäßig die Betreuung der Kinder übernimmt. Darüber hinaus ist die Systematik der Vorschriften über den Familienzuschlag zu berücksichtigen. Danach wird dem finanziellen Mehraufwand, der einem Beamten durch das Großziehen von Kindern entsteht, nicht durch § 40 Abs. 1 BBesG, sondern durch die weiteren Stufen des Familienzuschlags Rechnung getragen. Der Zuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG wird gerade unabhängig davon gewährt, ob aus der Ehe künftig Kinder hervorgehen können oder sollen. Im Übrigen ist die Privilegierung der Ehe bei der Besoldung von Beamten wegen Rücksicht auf einen typischerweise hier in besonderem Maße aus Gründen der Kindererziehung auftretenden Unterhalts- und Versorgungsbedarf auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil etwaige erziehungsbedingte Lücken in der Erwerbsbiographie oder ein sonstiger mit Erziehungsaufgaben zusammenhängender individueller Versorgungsbedarf unabhängig vom Familienstand gezielter berücksichtigt werden können, wie es beispielsweise im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (veranlasst durch BVerfGE 39, 169 <191 ff.="ff.">) bereits erfolgt ist (ebenso BVerfGE 124, 199 <230 f.="f.">).  
Eine etwaige, aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht erkennbare familienpolitische Intention des Gesetzgebers, mit Hilfe des Familienzuschlags der Stufe 1 einen Anreiz zur Eingehung von Ehen zu bilden, um damit die Zahl der in den „behüteten“ Verhältnissen einer Ehe aufwachsenden Kinder zu erhöhen (in diese Richtung wohl Schmidt, in: Plog/Wiedow, a.a.O., § 40 BBesG Rn. 28 f.; Schinkel/Seifert, in: Fürst, a.a.O., K § 40 Rn. 11), vermag die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Auch die „behüteten“ Verhältnisse in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können das Aufwachsen von Kindern fördern.
Der BVerfassungsfisch mag also auch im Hinblick auf die Tatsache, daß in den meisten Ehen Kinder aufwachsen - es sind nahezu 90 Prozent - und im Hinblick auf die Tatsache, daß in den meisten homosexuellen Lebenspartnerschaften keine Kinder aufwachsen - hier sind nahezu 90 Prozent kinderlos - keinen Grund für die Differenzierung mehr erkennen.

Die Begründung ist mittlerweile stereotyp, sie findet sich in mehreren Entscheidungen des Bunderverfassungsfischs. Der BVerfassungsfisch hält es nicht mehr für begründet, daß der Gesetzgeber eine generalisierende Regelung trifft, also den Regelfall zugrunde legt, ohne den Ausnahmefall zu berücksichtigen. Es soll also keine Rolle mehr spielen, daß auch heute noch fast 80 Prozent aller minderjährigen Kinder bei ihren verheirateten Eltern aufwachsen. Es soll keine Rolle mehr spielen, daß in einer homosexuellen Partnerschaft in der Regel keine Kinder aufwachsen, sich also beide Partner in der Regel einer Berufstätigkeit widmen können. Es soll auch keine Rolle mehr spielen, daß in hundert Prozent der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit Kindern die Kinder stets ohne den biologischen Vater (wie meistens) oder (weitaus seltener) ohne die biologische Mutter aufwachsen.

Es gibt keinen Grund zur Differenzierung, weil sich das Gericht nicht dazu durchringen will, noch anzuerkennen, daß die auf lebenslängliche Dauer und auf die Versorgung und Erziehung von Kindern ausgerichtete Ehe zwischen Mann und Frau das Fundament unserer Gesellschaft und die Basis unserer gesellschaftlichen Zukunft ist. Der Bundesverfassungsfisch möchte, wie es Charles Murray sagt, "nett" sein sein. Und nicht nett ist es, Schwulen und Lesben ins Gesicht zu sagen, daß ihre Lebensweise nicht förderungswürdig ist, weil sie zur Reproduktion des Lebens selbst nichts beitragen.

Wer das sagt, verstößt, wie es Charles Murray ausdrückt, gegen die Regeln der "ecumenical niceness".

Destruktiver als die im Kern verfassungsfeindliche Gleichstellung von Ungleichem ist im Grunde die damit verbundene Forderung nach einer überzogenen Einzelfallgerechtigkeit. In allen diesen Entscheidungen moniert das Gericht, daß kinderlose Ehen und kinderreiche Familien gleich behandelt werden. Dafür gibt es nun Gründe, weil Ehen in der Regel geschlossen werden, um Familien zu gründen. Wer heiratet, wünscht sich in fast allen Fällen Kinder und bekommt auch in fast allen Fällen Kinder. Also gibt es gute Gründe, die Ehe zu fördern auch dann, wenn bei den Eheleuten noch keine Kinder aufwachsen, oder die Kinder schon aus dem Haus sind.

Wenn nun aber Familie nur noch ist, "wo Kinder sind", entfällt jeder Grund die Ehe noch zu fördern. Es wird und muß also dazu kommen, das Ehegattensplitting und andere Formen der Ehe- und nicht Familienförderung abzuschaffen, mit der Folge, daß es nicht mehr lohnend ist, zu heiraten.

Die unverbindliche Paarbeziehung wird damit zur Regel, die Ehe die Ausnahme. Die Patchworkfamilien werden sich ausbreiten, wie die Zahl der alleinerziehenden Mütter zunehmen wird. Ist es das, was der Verfassungsfisch will?

1 Kommentar:

  1. Bin ja kein Jurist, aber ich denke es geht bei all der Anerkennung der Homoehe im Grunde darum die Ehe abzuschaffen.
    Ich glaube mittlerweile das fast alle Politiker so kurzsichtig sind, dass denen komplett unklar ist, das schon Adenauer mit seinem Satz "Kinder kriegen die Leute von selber" seit der Einführung der Pille unrecht hat.

    AntwortenLöschen