Sonntag, 8. Juli 2012

Timbuktu: Was ist Nazismus? Was Faschismus? Gibt es einen Islamo-Faschismus?

Timbuktu, im Vordergrund die Sidi-Yahia-Moschee

Was ist "Faschismus"?

Bei den Diskussionen über den so genannten Islamo-Faschismus stört mich schon immer der unsaubere Gebrauch des Wortes Faschismus. Der italienische Faschismus, der deutsche Nazismus und der spanische Franquismus standen zwar in den 20er und 30er Jahren in einem politischen Bündnis, waren aber vor allem im Hinblick auf Judenhaß und Judenvernichtung durchaus unterscheidbare politische Bewegungen. Was sie einte, war die Gegnerschaft gegen Sozialismus und Kommunismus, und folgerichtig definierten die Kommunisten ihre Gegner unter einem Sammelbegriff, dem Begriff des Faschismus. Eine Definition, die tief blicken läßt, denn die Fasces, die Liktorenbündel waren keineswegs ausschließlich ein Symbol des italienischen Faschismus, sondern galten seit dem 18 Jahrhundert als Symbol des demokratischen Republikanismus.

Waren republikanische Demokraten deshalb Faschisten? Dimitroff, der "Faschismustheoretiker" der Komintern, hat diesen Eindruck möglicherweise erwecken wollten, aber in jedem Fall kam es ihm darauf an, Spuren zu verwischen. Allzu ähnlich war der stalinistische Terror gegen die Kulaken und bürgerlichen Eliten Russlands dem nazistischen gegen die jüdische Elite, allzuähnlich das durchaus sozialreformerische Programm der nationalen Sozialisten der Arbeiterpartei Hitlers den sozialistischen Programmen. Daß Dimitroff Nazismus und (italienischen) Faschismus unterschiedslos unter einem Begriff vereinte, war absichtsvoll.
Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. Die reaktionärste Spielart des Faschismus ist der Faschismus deutschen Schlages. Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat. 
So dreist war die Nazis keineswegs. Daß vielmehr Kommunismus und Nazismus mehr verbindet, als beide Bewegungen wahr haben wollen, ist auch schon den vorgeblichen Vordenkern der 68er aufgefallen:
Der Antisemitismus als Volksbewegung war stets, was seine Anstifter den Sozialdemokraten vorzuwerfen liebten: Gleichmacherei. Denen, die keine Befehlsgewalt haben, soll es ebenso schlecht gehen wie dem Volk. Vom deutschen Beamten bis zu den Negern in Harlem haben die gierigen Nachläufer im Grunde immer gewußt, sie würden am Ende selber nichts davon haben als die Freude, daß die andern auch nicht mehr haben...
Antisemitismus als politische Volksbewegung war ausschließlich der deutsche Nazismus. Den unter "Faschismus" zu subsumieren und ihm das sozialistische abzusprechen war - Götz Aly hat das zum Thema gemacht - absichtsvoll falsch.

Weiter nach Timbuktu und zum salafiistischen Bildersturm gegen die Grabmäler nordafrikanischer Marabouts. Judenhaß zeichnet noch jede islamistische Terrorgruppe aus. Im Haß auf die Juden drückte sich in aber in der Geschichte noch häufig auch und zugleich der Haß auf jegliche Elite aus, der Haß auf alle, die es besser haben, auf alle, die sich aus der Masse herausheben. Der salafistische Haß auf die nordafrikanischen Marabouts, die von ihren Verehrern aufgrund ihres vorbildlichen Lebenswandels und ihrer herausragenden Frömmigkeit verehrt und geliebt werden, und die sich in der Zerstörung ihrer Grabmäler ausdrückt, hat zunächst puritanische dann aber auch egalitarianische  Züge.

Gehören Cromwell, Robespierre, Hitler, Stalin nicht zu den geistigen Vorvätern dieser Grabschänder?Ist es ganz verwegen, zwischen (republikanischen) calvinistischen  Puritanern, jakobinischen Mördern, nazistischen Judenhassern, kommunistischen Klassenkämpfern und salafistischen Bilderstürmern Ähnlichkeiten zu konstatieren? Ich glaube nicht. Ich bin mir sicher, daß es nicht nur "rotlackierte Nazis" (Kurt Schumacher), sondern auch grün angepinselte gibt. Islamofaschisten würde ich sie allerdings nicht nennen.

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