Mittwoch, 6. Juni 2012

Polit-Kitsch: Anarchos im Priesterrock

Was ist das: 140 Diakone und Priester der Diözese Freiburg rufen zum Widaschdand auf.

Ich sage, was das ist. Das ist Kitsch. Die billige, falsche, schiefe Wiederholung eines Dramas als Provinzposse.

Schon die dramatische Rhetorik verursacht bei mir leichten Brechreiz. Es geht um ein "besonders brennendes Anliegen, das keinen Aufschub duldet." Was könnte das sein? Die dramatische Entwicklung der Abtreibungszahlen, die auch in der offiziellen - geschönten - Statistik nicht unter 100.000 im Jahr sinken wollen? Der dramatische Rückgang der Geburten, die sich zuspitzende demographische Krise? Der ebenso dramatische Rückgang der Zahlen der Eheschließungen, begleitet von einer Vervielfachung der Zahl der Scheidungen? die stets zunehmende Zahl der zerstörten Familien, die wachsende Zahl der Alleinerziehenden, die Versingelung der Gesellschaft? Kurz, die vor unseren Augen sich vollziehende, mutwillig von blinden Politikern, Publizisten, leider auch von irregeleiteten Christenmenschen orchestrierte und geförderte Erosion einer tragenden Säule der christlich-abendländischen Zivilisation, der monogamen, auf Lebenszeit angelegten Ehe?

No Sir. Es geht um das, um das es immer geht, wenn sich die Memorandistas melden. Diesmal die Kommunion von wiederverheirateten Geschiedenen. Mutig - nur was riskieren die Herren da eigentlich - werfen sich die Herrschaften in die Bresche und brechen das Recht.
In unse­ren Gemein­den gehen wie­der­ver­hei­ra­te Geschie­dene mit unse­rem Ein­ver­ständ­nis zur Kom­mu­nion und emp­fan­gen das Buß­sa­kra­ment und die Kran­ken­sal­bung.
Kenn ich die Melodie. WoRechtzuUnrechtwirdwirdWidaschdandzurPflicht. Den Spruch konnte jeder Altanarcho der seligen 60er im Schlaf runterbeten. Das war damals schon Kitsch, denn was konnte eigentlich Widaschdand in einer rechtsstaatlich verfassten stabilen Demokratie bedeuten. Nichts. Nichts anders als eine Verhöhnung der Menschen, die wenige Jahrzehnte zuvor wirklich unter Einsatz ihres Lebens, das viele verloren, gegen eine mörderische Diktatur Widerstand leisteten. Widerstand und nicht Widaschdand. Widaschdand den leisten satte, wohlbesoldete, pensionsberechtigte Kirchenbeamte, die wissen, daß sich ihre Vorgesetzten nicht wagen werden, dem Zeitgeist zu trotzen, um ihnen zu zeigen, daß die Verletzung von Gesetzen, auch wenn es "nur" Kirchengesetze sind, Konsequenzen haben kann.

Widaschdand den leisten Opportunisten, die sich als Anarchos verkleiden.

Ich bin alt genug, daß ich noch die Gelegenheit hatte, Menschen kennenzulernen, die wirklich Widerstand geleistet haben. Umso stärker der Brechreiz, der sich regt, wenn ich das dumme Pamphlet dieser Widaschdändler lese.

3 Kommentare:

  1. Sind Menschen, die immer wieder das gleich widerkäuen, obwohl die scheinbar brennende Fragen kirchlich geklärt sind, obwohl keine Aufbrüche dadurch erwartet werden können, nicht im eigentlichen Sinne Traditionalisten? Offenbaren die Widerständler nicht eine Enge, die geradezu nach Aufbruch ruft?

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  2. Die gespielte Empörung der Freiburger Diözesanleitung gehört m.E. auch zu dieser Schmierentheater-Inszenierung. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht, denn dieser Ungeist wird sich nicht mehr so leicht zurück in die Flasche zwingen lassen.

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  3. Diese Pseudo Revolutionäre begreifen überhaupt nicht wie konservativ und spießig sie sind.
    Jedes Mal wenn ich von denen was lese, wird mir schlagartig klar, warum wir damals in den Zeiten nach 68 revoluzzt haben (auch wenn ich es heute bedauere so blöd gewesen zu sein, ohne Frage).
    Diese Leute leben im absoluten Wolkenkuckucksheim und versuchen mit Benzin das Feuer zu löschen.

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